Zeit und Sein – eine biblische Erinnerung

Zeit und Sein – eine biblische Erinnerung

Zeit und Sein – eine biblische Erinnerung

# Neuigkeiten aus Emmaus

Zeit und Sein – eine biblische Erinnerung

Von Peter Andersen. Betrachten wir den Anfang der biblischen Schriften, in dem Grundsätzliches zum Sein der Menschen erzählt wird, erfahren wir im 1.Buch Mose, dass das Arbeiten zum Menschsein untrennbar dazugehört: der Auftrag, das von Gott Geschaffene zu bebauen und zu bewahren (1.Mose 2,15), bringt das auf den Punkt.

Gleichwohl wird Arbeit von den biblischen Erzählenden in ihrer Analyse in der Zeit nach dem Sündenfall (1.Mose 3ff) auch kritisch gesehen: Produktivität allein macht das Menschsein nicht aus und es gibt auch den Wahn des Alles-Machen-Können. Diese kritische Sicht bringt entsprechend mit ein, dass zur Arbeit notwendig auch Ruhe gehört, wie es im Sabbatgebot (2.Mose 20,8-11) zum Ausdruck kommt, um dem anderen Wahn, alles machen zu müssen, entgegenzutreten.  Die Pointe dabei ist, dass Ruhe die Arbeit erst vollendet (1.Mose 2,2-3). Unter dem Strich bleibt also aus biblischer Perspektive Arbeit ohne Ruhe unvollständig und Ruhe ist ohne Arbeit schwer zu denken.

Hat das verchristlichte, auf den Sonntag transponierte Sabbatgebot in erster Linie nur den sonntäglichen Gottesdienst im Blick, ging es den biblischen Erzählenden beim Sabbat erst einmal um einen grundsätzlichen Freiraum: ausruhen zu können von den Strapazen des Arbeitens und Zeit zu haben für anderes. Und dieses „Andere“ beinhaltet natürlich, in Gemeinschaft den eigenen Glauben zu feiern und zu erleben. Und: eben auch Zeit für andere und sich selbst zu haben. Nicht allein weil alles seine gute Zeit hat, wie es der Prediger in Worte geformt hat (Prediger 3,1-8), sondern weil es darum geht, die Sozialität des Menschen (Zeit für andere) und das Leben des Menschen (Zeit für Sich) zu erhalten.

Leider ist es ein Missverständnis unserer christlichen Tradition, das Sabbatgebot als starres, lebensfeindliches Gesetz und nicht als lebensfördernde Weisung Gottes zu verstehen. Der Sabbath dient dem Menschen und soll uns vor einer Entgrenzung der Arbeit schützen. Gucken wir aber unsere Zeit an, erleben wir eine totale Entgrenzung virtuell und real: 24/7 ist alles verfügbar – vor allem der Mensch. Von außen uns gegebene lebensfördernde Freiräume sind uns längst verloren gegangen.

Die Aufgabe ist es, unserem Menschsein entsprechend, für uns und andere „Arbeit und Ruhe“ (wieder) zusammenzubringen und Freiräume zurück zu erobern oder wiederzuentdecken und zu füllen: für uns und für andere.

 

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