Kirche mit Kindern - Titelthema der neuen Gemeindezeit

Kirche mit Kindern - Titelthema der neuen Gemeindezeit

Kirche mit Kindern - Titelthema der neuen Gemeindezeit

# Emmaus Neuigkeiten

Kirche mit Kindern - Titelthema der neuen Gemeindezeit

„Lasset die Kinder zu mir kommen, wehret es ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes.” (Mk 10,14) – diese Aufforderung Jesu an seine Jünger gilt auch heute noch für uns: Unsere Kirche soll kein Ort sein, an dem es bloß um die Bedürfnisse der Erwachsenen geht. Allerdings mag der ‚normale‛ Sonntagsgottesdienst auf unsere kleinen Gemeindeglieder bisweilen wiederum gar nicht so einladend wirken: Das Zuhören macht vielleicht wenig Spaß, weil die Sprache von Predigt und Schriftlesung zu kompliziert ist, und den unbekannten Liedern mit altertümlichem Wortlauf kann man womöglich auch nicht so viel abgewinnen. Wie also kann man Kirche für und mit Kindern gestalten? Wie können Erwachsene und Kinder sich gemeinsam auf die Suche nach Gott begeben? In unserem Beitrag zum Titelthema fragen wir bei Zweien nach, die es wissen müssen: Im Interview erzählen uns unsere ehemalige Vikarin Naemi Munoz Perez und unsere neue Gemeindepädagogin Selina Schulz, welche Angebote es für Kinder in Emmaus gibt, wodurch sie sich auszeichnen und was in Zukunkft ausprobiert werden könnte. 

Was bedeutet Kirche mit Kindern für Euch? Wie unterscheidet sich Kirche mit Kindern von Kirche mit Erwachsenen?

Naemi: Für mich heißt Kirche mit Kindern, sich mit Kindern auf die Suche nach Gott zu begeben und im gemeinsamen Entdecken, Erzählen und Erfahren dem großen Geheimnis Gott etwas näher zu kommen.

Selina: Früher hieß es ‚Kinderkirche‘, dann hat sich der Name in ‚Kirche mit Kindern‘ geändert, weil es darum geht, etwas gemeinsam mit Kindern zu gestalten. Die Kinder als gleichwertige Gemeindeglieder und Gläubige mit Sichtweisen und Ideen wahrzunehmen, die gesehen und mit einbezogen werden.

Welche Möglichkeiten gibt es für Kinder, am Gemeindeleben teilzuhaben und auf ihrem Glaubensweg begleitet zu werden?

Naemi: Wir haben außer in den Ferien jeden Sonntag Kindergottesdienst parallel zum Gemeindegottesdienst. Dann gibt es ein besonderes Format, das Bibelzelt, für Kinder ab ca. 5/6 Jahren mit „Godly Play“.

Selina: Godly Play ist ein ganz bestimmtes Konzept. Der Schwerpunkt liegt auf der Erzählung der Geschichten. Es gibt ein Gesamtkonzept, wie eingeleitet wird und wie die Geschichte erzählt wird. Der Grundgedanke ist: „Worauf kommt es wirklich an?“ Dafür arbeitet man mit eher minimalistischem Legematerial. Wichtig ist die Rolle der Kinder in der Geschichte: Wo warst du? Was war dir wichtig?

Naemi: Das Konzept ist an Montessori angelehnt. Es gibt geplante Zeit für Freispiel und eben die Legematerialien. Es ist ein geschützter Begriff, man braucht eine offizielle Ausbildung. Unser Konzept übernimmt nicht alles, sondern ist daran angelehnt. Es ist eher für ältere Kinder ab der Vorschule geeignet, daher nutzen wir es vereinfacht für den Kindergottesdienst.

Selina: Ein Beispiel dafür war das Thema „Jünger auf dem Boot“: Wann hattet ihr Angst? Wie fühlte sich das an? Eine deutsche Weiterentwicklung ist „Gott im Spiel“. Hier geht es um eine gemeinsame Abendmahlsfeier mit den Kindern mit einer kleinen Liturgie.

Naemi: Ferner gibt es auch die Taufgottesdienste für Menschen mit Kindern, die noch getauft werden möchten. Hier sind Kinder und Familien die Hauptzielgruppe. Es sind öffentliche Gottesdienste und jeder ist eingeladen zu kommen.

Was würdet ihr beim typischen Kindergottesdienst gerne in Zukunft noch ergänzen oder anders machen?

Selina: Wir erarbeiten gerade ein Konzept für den klassischen Kindergottesdienst. Der besitzt bisher keinen einheitlichen Ablauf, während das Bibelzelt eine sehr klare Struktur hat, die manchmal als einschränkend empfunden wird. Wir versuchen nun, einen Mittelweg zu erarbeiten, sodass es ein klares Konzept gibt und sich Kinder und Ehrenamtliche darauf verlassen können. Also gleicher Anfang, gleiches Ende.

Naemi: Wir möchten beides miteinander verbinden: Es wäre toll, wenn der Kindergottesdienst eine neu erarbeitete Liturgie erhalten würde.

Selina: Eine gemeinsame theologische Vorbereitung mit den Ehrenamtlichen ist eine weitere Idee. Wir wünschen uns mehr ehrenamtliche Unterstützung, dass noch mehr Leute Lust haben, mitzumachen und mitzugestalten.

 

Viele Angebote richten sich entweder an Kinder oder an Erwachsene. Wann können Eltern und Kinder gemeinsam ihren Glauben in unserer Gemeinde leben?

Selina: Wir feiern in der Matthäikirche natürlich auch Familiengottesdienste, meist zu den großen Feiertagen. Wir haben als besondere Form des Familiengottesdienstes bereits zweimal die Kirche Kunterbunt gefeiert. Das ist ein Gottesdienst, in dem ein Thema auf vielfältige Art und Weise erfahren werden kann. Die Kirche für kleine Leute ist ebenfalls eine Art des Familiengottesdienstes für Kleinkinder. Manchmal kommen Eltern zum Schulgottesdienst. Die Familienzentren der Diakonie hingegen haben generell mehr generationsübergreifende Angebote.

Naemi: Es ist eine Herausforderung einen Gottesdienst für mehrere Generationen auszuarbeiten. Meist wird es ein Kindergottesdienst in Anwesenheit von Eltern. Gerade Senioren und Kinder zusammenzubringen ist schwierig, weil Senioren lieber am Nachmittag kommen, Kinder eher morgens aktiv sind. Aber es gab beispielsweise das gemeinsame Ostereiermalen für Kinder und Senioren.

Warum sind solche gemeinsamen und partizipativen Angebote wie die Kirche Kinderbunt so interessant für die Menschen?

Naemi: Es herrscht eine ansteckende Stimmung. Die Kirche Kunterbunt baut Berührungsängste mit der Institution Kirche ab. Viele junge Familien sind unsicher, wie sie sich verhalten sollen. Das war früher anders, weil man mit den Abläufen vertraut war. Bei der Kirche Kunterbunt kann man die Unsicherheit hintanstellen und sich auf die Inhalte konzentrieren: Es fällt nicht auf, ob man zum ersten oder zehnten Mal da ist, weil das offene Konzept niederschwellig ist.

Selina: Solche Formate führen Menschen zusammen, die sonst diese Möglichkeit nicht haben: In einer hochfunktionalen Gesellschaft leben wir leider oft aneinander vorbei. Die Kirche hat die Chance, Jung und Alt zusammenzuführen und Begegnungsräume zu eröffnen. Besonders die Gesprächsstation kommt gut an. Menschen haben die Möglichkeit, im Gottesdienst Glaubensgespräche zu führen, was es sonst relativ selten gibt.

Selina, kannst Du erzählen, was sonst noch in den Kitas und Schulen in unserem Gemeindegebiet stattfindet?

Selina: Die sechs Kitas in unserem Gemeindegebiet begleite ich religionspädagogisch: Alle zwei Wochen gibt es eine Andacht für die Vorschulkinder, und einmal im Monat halte ich zusammen mit den Erzieher*innen einen religionspädagogischen Konzeptionstag ab. Außerdem gibt es eine Kooperation mit der Brehmschule. Jeden Monat findet dort ein Schulgottesdienst statt. Mir ist es dabei wichtig, die Kinder stark einzubeziehen.

Es gibt zudem die Idee, gemeinsam mit Sozialarbeiter*innen eine Reli-AG zu installieren. Es ist noch nicht fix, die Idee steht im Raum: Wir planen dann für den nächsten Gottesdienst mit den Kindern und beschäftigen uns mit dem Thema des Gottesdienstes. Das soll eine regelmäßige Sache werden, daraus können sich neue Themen ergeben, die man für den Gottesdienst nehmen kann. Es sind 300 Kinder im Schulgottesdienst, da ist Austausch und Begegnung sonst schwierig.

An welches Erlebnis erinnert ihr euch besonders gern bei der Arbeit mit Kindern in der Kirche? Welches Format macht euch am meisten Spaß?

Naemi: Klassische Kindergottesdienst am Sonntag mache ich wirklich gerne!

Selina: Ich fand den Weihnachtsgottesdienst als spontanes Krippenspiel toll – wie viele sich darauf eingelassen haben! Aber besonders freue ich mich darauf, endlich wieder mit den Kindern in den KiTas arbeiten zu können. Da geht mir das Herz auf.

Könnten solche Angebote wie die Kirche Kunterbunt in Zukunft für die Kirche an Bedeutung gewinnen?

Naemi: Ich glaube, solche Formate haben großes Potenzial für die Zukunft. Die evangelische Gottesdienstform hat schon viele Jahre auf dem Buckel, und wir sollten fragen: Was brauchen Kinder und Familien, um mit der frohen Botschaft in Kontakt zu kommen? Und wenn andere Formen als der klassische Sonntagsgottesdienst die Menschen abholen, dann ist es womöglich ein Wegweiser in die Zukunft.

Selina: Es ist wichtig, unterschiedliche Gottesdienstbedürfnisse gleichwertig nebeneinanderzustellen und wertzuschätzen. Wir sollten davon wegkommen, zu denken, Gottesdienst gehe nur auf eine Art und Weise. Die Bedürfnisse sind individueller geworden, und dem sollten wir Rechnung tragen. Emmaus hat mich in dieser Hinsicht positiv überrascht, weil es viele Angebote neben dem klassischen Sonntagsgottesdienst gibt.

Was würdet ihr an Formaten für Kinder und Familien gerne noch ausprobieren?

Naemi: Ich würde gerne eine große Familienfreizeit organisieren, wofür ich während meines Vikariats leider keine Zeit hatte. In einem Netzwerk wegzufahren, wo Eltern und Kinder sich haben und das Ganze unterstützt von einem religionspädagogischen Setting – quality time.

Selina: Ich habe eine Leidenschaft für Kirchraumpädagogik. Ich finde es schön, wenn Kirchenräume einladender für Kinder sind. Mein Traum stammt aus einer anderen Gemeinde: da haben sie eine Kirche nachbauen lassen, mit Verkleidungen und einem kleinen Taufbecken zum Spielen. Kinder Kirche spielen lassen, finde ich ein tolles Konzept.

 

Das Interview führten Louis Lysander Kittelmann und Melanie Klasen.

Anm. d. Red.: Naemi Munoz Perez hat am 13. März ihr 2. theologisches Examen bestanden und leistet nun ihren Probedienst in der Gemeinde Büderich-Osterath ab. 

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