Der Stammbaum Jesu - Predigt in der Christnacht 2024

Der Stammbaum Jesu - Predigt in der Christnacht 2024

Der Stammbaum Jesu - Predigt in der Christnacht 2024

# Predigten Emmaus

Der Stammbaum Jesu - Predigt in der Christnacht 2024

Lesung (Matthäus 1,1-18)

1 Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams:   2 Abraham zeugte Isaak, Isaak zeugte Jakob, Jakob zeugte Juda und seine Brüder. 3 Juda zeugte Perez und Serach mit Tamar, Perez zeugte Hezron, Hezron zeugte Ram, 4 Ram zeugte Amminadab, Amminadab zeugte Nachschon, Nachschon zeugte Salmon, 5 Salmon zeugte Boas mit Rahab, Boas zeugte Obed mit Rut, Obed zeugte Isai, 6 Isai zeugte den König David.  David zeugte Salomo mit der Frau des Urija, 7 Salomo zeugte Rehabeam, Rehabeam zeugte Abija, Abija zeugte Asaf, 8 Asaf zeugte Joschafat, Joschafat zeugte Joram, Joram zeugte Usija, 9 Usija zeugte Jotam, Jotam zeugte Ahas, Ahas zeugte Hiskija, 10 Hiskija zeugte Manasse, Manasse zeugte Amon, Amon zeugte Joschija, 11 Joschija zeugte Jechonja und seine Brüder zur Zeit der babylonischen Verbannung.   12 Nach der babylonischen Verbannung zeugte Jechonja Schealtiel, Schealtiel zeugte Serubbabel, 13 Serubbabel zeugte Abihud, Abihud zeugte Eljakim, Eljakim zeugte Azor, 14 Azor zeugte Zadok, Zadok zeugte Achim, Achim zeugte Eliud, 15 Eliud zeugte Elasar, Elasar zeugte Mattan, Mattan zeugte Jakob, 16 Jakob zeugte Josef, den Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, welcher der Christus genannt wird.  17 Im Ganzen also sind es vierzehn Generationen von Abraham bis David, vierzehn Generationen von David bis zur babylonischen Verbannung und vierzehn Generationen von der babylonischen Verbannung bis zum Christus 

Lied: „Das Zeichen: Freunde, dass der Mandelzweig“

1. Freunde, daß der Mandelzweig / wieder blüht und treibt, / ist das nicht ein Fingerzeig, / daß die Liebe bleibt? 

2. Daß das Leben nicht vergint, / soviel Blut auch schreit, / achtet dieses nicht gering / in der trübsten Zeit.

3. Tausende zerstampft der Krieg, / eine Welt vergeht. / Doch des Lebens Blütensieg / leicht im Winde weht.

4. Freunde, daß der Mandelzweig / sich in Blüten wiegt, / bleibe uns ein Fingerzeig, / wie das Leben siegt.

Gottes Wille zum Leben  

Ein Stammbaum?

Warum in dieser heiligen Nacht so ein Text?

Weil er das Tröstliche, Hoffnungsvolle und richtungsweisende der Weihnachtsbotschaft auf seine Art transportiert.  

Denn dieser Stammbaum spricht für sich selbst:  

Dreimal vierzehn Generationen. Eine enorme Zeitspanne.

Von Abraham bis Jesus.  

Transponiert auf unsere Zeit wären dies weit über 1000 Jahre.

Und blicken wir allein auf die letzten 10 Generationen zurück, wissen wir nur gut genug, dass das Zeiten voller Blüte und Zeiten voller Abgründe gewesen sind – bis zum heutigen Tag. Auf allen Ebenen – durchsetzt von Glück und Leid. Kontaminiert von Katastrophen.

Und trotzdem hat sich das Leben fortgesetzt.  

Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit, achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit.  

Nur staunend und zugleich voller Demut und auch Trauer können wir vor der Generationenreihenfolge stehen, die wir von heute aus überblicken können.  

Und der Stammbaum Jesu?

Er gibt uns an die Hand, dass das Weiterbestehen der Menschheit – trotz aller Abgründe – alles andere als ein Naturereignis oder Naturgesetz ist.

So ist auch der eben besungene Mandelzweig selbst nur ein Zeichen: ein Hinweis auf Gott.

Auf den Gott, DER es nicht zugelassen hat, dass SEINE Geschichte mit uns Menschen durch unsere Dummheit, unsere Gier und Boshaftigkeit kaputt gemacht wird.  

Wieviel gute Gründe hätte es damals zu biblischen Zeiten gegeben, dass Schluss ist?

Wie viele gute Gründe hätte es allein in den letzten 200 Jahren gegeben?  

Der Stammbaum Jesu als so etwas wie eine Blaupause dafür, dass das Nicht-Abrechen der Generationenfolge erst durch Gott ermöglicht ist.  

Nichts ist selbstverständlich.

Daher rechnen die biblischen Erzählenden es Gott an, dass es immer noch Leben gibt.

Weil ER es will.

Gott sei Dank  

Auf IHN dürfen wir uns verlassen - auch heute in unseren Zeiten, die uns auf vielfältige Art und Weise so durchschütteln.

 Und wir haben einen guten Grund dafür: das Kind in der Krippe, das am Ende dieser in dieser Heiligen Nacht zum Klingen gebrachten Generationenfolge steht.

Eine Erinnerung  

Ist das JA Gottes zum Menschen, SEINE Verlässlichkeit das eine, ist dieser Stammbaum genau an der richtigen Stelle platziert: direkt zu Beginn des ersten Evangeliums des Neuen Testamentes – quasi als Scharnierstelle zum sogenannten „Alten“ Testament.  

Es ist ein Statement und eine dauerhafte Erinnerung, dass das Kind in der Krippe zu Bethlehem kein vom Himmel gefallener Messias ist.

Dieser Jesus aus Nazareth ist fest verankert in der jüdischen Geschichte. Er ist ein Sohn Abrahams und Sarahs.

Untrennbar.

Und dieser lange Stammbaum macht deutlich, dass dieser Neugeborene im Stall nur auf dem Hintergrund der Hebräischen Bibel zu verstehen ist.  

Dass er der Sohn DESSEN ist, DER mit SEINEM Volk durch alle Zeiten und durch Dick und Dünn gegangen ist…

Dass er der Sohn DESSEN ist, DER SEIN Volk damals in Ägypten nicht vergessen sondern aus dem Sklavenhaus befreit hat…

Dass er der Sohn DESSEN ist, DER immer auf der Seite der Armen steht: DEM es immer um ein gerechtes und friedliches Miteinander gegangen ist und geht.

Das alles zeigt sich allein darin, dass dieses Kind abseits der Paläste in einem Stall zur Welt gekommen ist – ganz unten.  

Die in diesen Tagen in den vielfältigen Weihnachtsliedern besungene Erlösung, die dem Neugeborenen zugesprochen wird, ist biblisch gesehen daher vor allem durch und durch materialistisch: Befreiung – Gerechtigkeit – Solidarität. Kurzum: Schalom.  

Jesus – der geborene Retter – ist gekommen, um die Menschen aus der Not der Armut, der Erniedrigung, der Ausbeutung – aus der Not der Gewalt zu retten.

Eine weitere Erinnerung  

Aber nicht nur das.

Dieser Stammbaum erinnert uns – nein: legt uns darauf unwiderruflich fest – dass wir zu Hausgenossen und -genossinnen nicht nur dieses in Bethlehem geborenen Juden geworden sind.

Sondern auch zu Genossinnen seines Volkes: über alle Generationen hinweg.  

Unsere Christentumgeschichte – Gott sei es geklagt – zeigt, dass genau das schon sehr früh ignoriert und verneint worden ist.

Als hätte man diesen Stammbaum einfach herausgeschnitten und so Jesus seiner Herkunft beraubt.

Mit katastrophalen Folgen – bis zum heutigen Tag.

Auschwitz wäre vielleicht nie möglich gewesen, wenn Christenmenschen von Anfang an – also in den letzten 2000 Jahren – an der Seite von Juden und Jüdinnen gestanden hätten.  

Und so stellt sich dieser alte, so sperrige Stammbaum uns in den Weg. Mit der Frage, wo wir denn stehen.  

An der Seite unserer jüdischen Geschwister?  

„Ich steh an deiner Krippen hier“ können wir nur dann ernsthaft singen, wenn wir auch der Seite seiner Geschwister sind. Das eine nicht ohne das andere.  

4. Humanität  

Dreimal vierzehn Generationen. Eine enorme Zeitspanne.

Von Abraham bis Jesus.

Auf den ersten Blick ist es ein reiner Männerstammbaum.

Auch die biblischen Schriften können eine patriarchale Sicht auf die Welt nicht verbergen.

Und doch zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass da – neben der am Ende erwähnten Maria - auch vier Frauen genannt werden: Thamar, Rahab, Ruth und Bathseba (die Frau des Urija).

Immerhin.

Es sind nicht die großen Frauen aus dem Alten Testament wie Sarah und Rebekka. Die Frauen des Stammbaums sind eher unbekannt.

Doch das Entscheidende ist, dass sie alle Nicht-Israelitinnen sind. 

Und gerade sie werden genannt – nicht die anderen.

Das ist kein Zufall, sondern ein weiteres Statement. 

Könnte die Geschichte Gottes mit Israel den Eindruck erzeugen, dass es um eine exklusive Geschichte insofern gehe, dass alle anderen keine Rolle spielen, unterstreicht die Nennung dieser vier Frauen das, was schon von Beginn an wie z.B. bei der Berufung des Abraham gesetzt ist: dass es Gott um das Wohl aller Menschen geht und dass das exemplarisch in diesem kleinen Volk abgebildet werden soll.  

Gottes Heilsbotschaft, das Evangelium überschreitet alle nationalen oder anderen Identitäten, die uns Menschen erst einmal voneinander unterscheiden. Was allein zählt ist der Geist der Humanität: Menschlichkeit – Mitmenschlichkeit. Und dieses Evangelium steht auch für das, was wir heute als Geschlechtergerechtigkeit bezeichnen.  

So hören wir diese Weihnachtsbotschaft in einer Zeit, in der wir mit großen Sorgen allein auf das kommende Jahr gucken.

In einer Zeit, in der der Geist der Humanität mehr und mehr erodiert.

Wo wohl nicht nur im Zeichen des Wahlkampfes Politiker und Politikerinnen bürgerlicher Parteien aktuell versuchen, sich gegenseitig mit Statements zu übertrumpfen, die sich zum einem kaum von Position von Rechtsradikalen unterscheiden – und die zum anderen vor allem eine soziale Kälte und Empathielosigkeit widerspiegeln.  

In dieser Zeit hören wir die Weihnachtsbotschaft.  

Freunde, dass der Mandelzweig / sich in Blüten wiegt, / bleibe uns ein Fingerzeig, / wie das Leben siegt.  

Das Licht, das in Bethlehem – in dieser heiligen Nacht – aufleuchtet, wirft auch ein Licht in unsere Zeit – und erinnert uns an die Humanität Gottes.

Die uns inspirieren soll.

Die uns aufrichten soll.

Die uns Hoffnung finden lassen soll.

Und die uns Kraft geben soll, entsprechend zu leben – für uns und für andere.  

Dazu ist uns dieses Kind zu Bethlehem geschenkt.  

Amen.

 

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