02/07/2024 0 Kommentare
Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis (25.7.2021)
Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis (25.7.2021)
# Predigten
Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis (25.7.2021)
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Leitgedanke der Texte für den 8. Sonntag nach Trinitatis ist das Licht. Ich möchte diesen Leitgedanken in meiner Predigt aufgreifen und hierbei auch den einen oder anderen Text für diesen Sonntag einfließen lassen.
Also: Welches Licht scheint?
In welchem Licht steht etwas?
In welchem Licht sehen wir diese Erde, auf der wir leben?
Heute mehr als je zuvor eine entscheidende Frage. Ist diese Erde so etwas wie ein Selbstbedienungsladen? Von dem wir nehmen - dem wir aber nichts mehr zurückgeben? Wo wir uns nicht wirklich als Teil dieses Planeten sehen, sondern vielmehr alles inklusive aller anderen Wesen - der Tiere – verdinglicht haben – sie also nur als Objekte für unsere zum Teil künstlich geschaffenen Bedürfnisse wahrnehmen?
1 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. 2 Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. 3 Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. 4 Und Gott sah, dass das Licht gut war (1.Mose 1.3-4)
Die ersten Verse der Bibel - im Buch Genesis - erzählen vom Licht, das Gott geschaffen hat. Diese ersten Sätze sind ein Lied davon, wie Gott diese Welt eigentlich sieht. Und in SEINEM Licht erscheint die Welt ungebrochen als SEINE Schöpfung: Heil. Friedlich. Eine Utopie im wahrsten Sinne des Wortes, weil diese Welt so noch keinen Platz hier auf Erden hat: wo der Mensch in seiner Unterschiedlichkeit im Einklang mit allem lebt. Wo der Mensch anfangs Vegetarier ist. Wo der Mensch mit der Schöpfung und nicht auf Kosten von ihr lebt. Wo es noch zu keiner Entfremdung gekommen ist.
Lesen wir nun weiter im ersten Buch der Bibel strahlt dieses eine Licht ein wenig anders. Denn es zeigte sich schon früh, dass Gottes Traum – dass SEINE VISION – wirklich noch keinen Platz hat. Exemplarisch ist das in das Bild des verlorenen Paradieses gefasst, dem dann direkt der erste Brudermord folgt.
Ein äußeres Zeichen für dieses anders scheinende Licht ist, dass der Mensch die Erlaubnis erhält, Fleisch zu essen – immer in der Hoffnung, dass eine Grundbalance gehalten werden kann. Dass der Mensch im Einklang mit der Natur Maß hält - immer vor Augen, mit wem und wovon er lebt. Wo also Gottes Traum in Erinnerung bleibt – als Ziel.
In welchem Licht sehen wir diese Erde, auf der wir leben?
Wo wir doch alle längst wissen, dass unser Planet einer voller Wunden ist - einer, der aus dem Rhythmus kommt und der gerade auch deswegen Kräfte vorhält, die im wahrsten Sinne alles mitreißen können.
Es ist eine mehr als politische Frage, in welchem Licht wir unseren Planeten sehen. Es ist eine existentielle Frage. Und dabei ist es immer auch eine Frage des Mitgefühls als Mitgeschöpfe.
Je mehr und länger diese Erde nur Objekt in unseren Augen ist, desto größer ist die Gefahr, dass es so weiter geht - die Ausbeutung, die Qualen nicht enden. Und um mit Walter Benjamin zu sprechen: DASS es so weitergeht IST die Katastrophe.
Es ist ein Weg, der nur Verderben bringen kann. Wir haben es doch vor Augen.
Eigentlich wissen wir das doch – schon lange.
In welchem Licht sehen wir diese Welt?
Wo doch alles zusammenhängt.
Nehmen wir den Fleischverzehr.
Damit immer mehr Fleisch produziert werden kann, werden Waldflächen abgeholzt, um dort Monokulturen für Viehfutter anzulegen. Waldflächen, die für unser Klima notwendig sind, verschwinden, der Boden nimmt Schaden, er erodiert – immer mehr Tiere, die allein deshalb gezüchtet werden, um geschlachtet zu werden, werden meist unter schlimmsten Bedingungen gehalten. Meist werden die Tiere vollgepumpt mit Arzneien - allen voran Antibiotika, die wir dann wieder mit verzehren.
Nur damit genug Billigfleisch da ist.
2020 lag der jährliche Fleischkonsum hier in Deutschland pro Person bei fast 60 Kilogramm. 60 Kilo! Und: Der Gesamtverbrauch, in dem der Verbrauch von Tierfutter, die industrielle Verwertung sowie die Produktverluste berücksichtigt sind, summierte sich auf etwa 84,5 Kilogramm – pro Kopf!
Es gibt keinen vernünftigen Grund, dass das sein muss.
Keinen.
Es geht nicht darum, dass jetzt alle Vegetarier werden. Aber es geht um das Maß. Wenn es nur noch um Profit, um noch mehr Konsum geht, dann bleibt sehr viel auf der Strecke. Am Ende unsere Lebensgrundlage.
In welchem Licht sehen wir diese Erde, auf der wir leben?
1 Dies ist das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, schaute über Juda und Jerusalem. 2 Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, 3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des Herrn, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem. 4 Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.5 Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des Herrn! (Jesaja 2,1-5)
Das können wir beim Propheten Jesaja lesen: Im Licht des Herrn zu wandeln.
Es gibt verschiedene Erklärungsversuche, warum Gott sich diese eine Volk ausgesucht hat: dieses kleinste unter den Völkern, das zum Segen für die Völker erklärt wird – dieses Volk, dass den Zion beherbergt, zum dem in dieser Vision die Völker ziehen.
Einer der Gründe ist, dass dieses Volk - dass Israel - diesen Blick vom Anfang auf unsere Erde wachhalten… dass der Traum Gottes von einer geheilten Schöpfung eben nicht untergehen soll. Dass der Mensch sich bewusst als Teil der Schöpfung versteht und entsprechend auch so handelt.
Der Prophet Jesaja träumt diesen Traum weiter: Völker kommen und lernen.
Gottes Weisung wird beherzigt.
Und auch angesichts unserer Weltsituation, in der es neben den konventionellen Kriegen, die grundsätzlich auch Lebensressourcen zerstören, genauso zerstörerische Handelskriege gibt und mehr und mehr Konflikte am Horizont aufziehen, markiert Jesaja, dass der Frieden zwischen den Völkern eine notwendige Grundlage ist: um sich auf das Gemeinsame und das Eigentliche konzentrieren zu können.
Der ökologische Frieden ist nicht ohne den anderen zu haben. Und Frieden braucht ein Miteinander: Gerechtigkeit.
Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
So wie es sich die Ökumenische Bewegung seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts auf die Fahnen geschrieben hatte.
Diesen Traum gilt es weiter zu träumen – an ihm festzuhalten.
Auch uns ist genau das aufgetragen:
So lesen wir bei Matthäus:
14 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. 15 Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. 16 So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. (Matthäus 5,14-16)
Jesus hat uns dazu ermächtigt, diesen Traum an der Seite Israels weiterzutragen. Der Evangelist Matthäus fasst das in ein anderes Bild: wer diesen Traum weitergibt - davon erzählt - lässt etwas von dem Licht erkennen, in dessen Licht wir diese Erde betrachten können - und sollen.
In welchem Licht sehen wir diese Erde, auf der wir leben?
In welchem Licht sehen wir uns?
Es sind so anstrengende Zeiten.
Klimawandel – dazu eine gefühlt nicht enden wollende Pandemie – eine Welt eh in einer Schieflage mit all den Flüchtlingen, der Gewalt, der Unterdrückung und Ausbeutung.
Das Licht Gottes, von dem das erste Buch der Bibel erzählt, ist auch gut für unsere Seele. Es hellt uns auf, wenn all die Probleme unsere Gedanken und unser Fühlen eintrüben und verdunkeln.
Das Licht Gottes vom Anfang erzählt vom guten Ende, der dann immer auch ein Anfang ist. Es erzählt vom Leben, das sich durchsetzt. Dieses Licht zeigte sich auch am Ostermorgen – es zeigt sich aber auch heute, wenn wir diesem Licht Raum geben und so der Dunkelheit als dem letzten Wort widerstehen.
Möge uns allen diese Licht Gottes vom guten Anfang Kraft, Wärme und Hoffnung geben.
Amen.
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