Predigt zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahres

Predigt zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahres

Predigt zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahres

# Predigten

Predigt zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahres

1 Jesus sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz.  2 Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein.  3 Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln.  4 Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde.  5 Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig?  6 Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig.  7 Danach fragte er den zweiten: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Sack Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig.  8 Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.  9 Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

Liebe Lesenden,

ist es nicht wunderbar, dass es in der Bibel Geschichten gibt, die einen immer noch überraschen können?

Da fälscht einer Schuldscheine – macht sich also des Betruges schuldig! – und wird von Jesus höchstpersönlich gelobt.

Wird da nicht alles auf den Kopf gestellt was wir meinen von der Bibel zu wissen?

Aber gucken wir uns die Geschichte vom Ende her an.

Nicht nur, dass das Handeln des gefeuerten Verwalters gelobt – und somit als richtig – vorbildhaft – hingestellt wird – Jesus sagt da noch etwas, was so etwas wie ein Schlüssel für die gesamte Geschichte ist.

Er sagt: „Macht Euch Freunde mit dem ungerechten Mammon!“

Ungerechter Mammon.

Zwei Worte, die es in sich haben. 

Was ist damit gemeint?

Mammon ist ein Synonym für das Geld. Und Mammon – in unserem Sprachgebrauch oft als der „schnöde Mammon“ verwendet, hat einen negativen Klang.

Und Jesus sagt, dass das Geld „ungerecht“ ist.

Was erst einmal bedeutet: Geld ist nichts Neutrales.

Nichts, was an sich – für sich allein genommen – harmlos ist.

Nein: Geld ist ungerecht.

Warum?

Es gibt da verschiedene Gründe.

Schon zu biblischen Zeiten wusste man längst, dass Gewalt, Kriege, Betrug, Ausbeutung mit dem Mammon zu tun haben.

Mit der Gier nach mehr.

Was wurde nicht schon alles um des Geldes wegen gemacht?

Geld mag vielleicht – ganz materiell gesehen – nicht stinken. Aber es klebt eine ganze Menge Blut dran. Damals und auch heute.

Das Geld ist alles andere harmlos.

Das ist eine nüchterne biblische Analyse.

Und so geht es allein darum – und das ist eine Pointe dieser Geschichte –, was man mit dem Geld macht.

Jesus wusste nur genau, dass das Geld ein Teil des Lebens darstellt. Und gerade daher stellt er die Frage in den Raum, was wir mit dem ungerechten Mammon machen.

Gehen wir ihm auf den Leim und streben nur danach mehr und noch mehr zu haben – mit allen Konsequenzen, die das für andere und letztlich für einen selbst bedeutet? Denn das wäre ein Leben/ein Wirtschaften auf Kosten anderer.

Oder machen wir uns Freunde? Was bedeuten soll: Nutzen die, die genug haben, ihr Geld, damit auch andere etwas davon haben? Lassen wir andere an unserem Reichtum teilhaben? Haben wir die, die wenig oder nichts haben, noch im Blick?

Gier vor Augen – oder Gemeinwohl im Sinn.

Was machen wir mit dem Geld?

Ausgehend davon erzählt Jesus die Geschichte von einem Verwalter, der wohl längere Zeit die rechte Hand eines reichen Mannes ist. Dessen Reichtum ist aber nicht vom Himmel gefallen. Die Tatsache, dass der reiche Mann eine ganze Reihe Schuldner hat, verweist darauf, dass er sich an der Notsituation anderer bereichert hat. 

Nur damit wir uns das vorstellen können: der eine der Schuldner steht mit 100 Sack Weizen bei dem Reichen Mann in der Kreide: 100 Sack Weizen waren damals umgerechnet über 20 Tonnen. 

So eine Schuldenkarriere konnte schon damals leicht zustande kommen: gab es in eine Jahr eine Missernte war kaum etwas als Saatgut für das kommende Jahr übrig. Und so kamen die Bauern immer wieder in die Situation, sich Saatgut leihen zu müssen. Und Missernten waren keine Einzelfälle.

Nun ist es so, dass eigentlich damals ein Gebot galt, keine Zinsen nehmen zu dürfen. Doch es war üblich, dieses Gebot durch einen einfachen Trick zu umgehen: man schrieb einfach mehr auf den Schuldschein und wies die Zinsen nicht extra aus. Nach außen sah das dann so aus, als würden keinen Zinsen erhoben – aber sie waren im Gesamtbetrag versteckt.

Und das war nichts anderes als Wucher.

Aber bleiben wir bei dem, der dem Reichen 100 Sack Weizen schuldete. 

Der Umstand, dass der Schuldschein um 20 Sack Weizen gemindert wurde, lässt vermuten, dass es sich bei den 20 Sack genau um die versteckten Zinsen gehandelt hat. Und damit wir auch dafür ein Gefühl bekommen, was das heißt: der Erlass von 20 Sack Weizen entsprach den gesamten Ernteerträgen von 2 Jahren.

Schulden zu haben ist das eine – wenn aber die Zinslast so hoch wird, dass allein das Bedienen der Zinsen alles andere auffrisst, steht die Existenzgrundlage auf dem Spiel – Schulden sind dann nicht mehr tragbar.

Für einen galiläischen Bauern bedeutet das dann den Verlust des Besitzes, der dann an den Reichen gefallen wäre – letztlich das, was eine hohe Verzinsung zum Ziel hat – und damit dann die Verarmung und Entwurzelung. 

Zur Zeit Jesu ist das die bittere Realität, die wir heute weltweit genauso erleben: auf der einen Seite die Reichen, die immer reicher wurden und auf der anderen Seite die anwachsende Zahl von Besitzlosen.

Und der Verwalter hat dieses Spiel nun lange Zeit mitgemacht. Er wähnt sich vermutlich auf der sicheren Seite, denn er ist Profiteur – bis zu dem Tag, an dem er seine Kündigung bekommt. 

Da ist seine Illusion, dass das alles ewig so weitergehen könnte, mit einem Mal zerplatzt. Die Erfahrung, dass auch er unter die Räder geraten kann, hat ihm die Augen geöffnet. Weil eben der Mammon ungerecht ist – man mit ihm nicht befreundet sein kann - jeder ein potentielles Opfer ist – hat er daraus spät...aber eben nicht zu spät die einzig richtige Konsequenz gezogen. In einer letzten Amtshandlung ruft er die Schuldner des Reichen zu sich und verändert…neuín: korrigiert die Schuldscheine: tilgt die Zinsen mit einem Mal. 

Was also auf den ersten Blick wie Betrug aussieht, ist in Wirklichkeit keiner: der eigentliche Betrug – der Wucher – wird zurückgenommen.

Das ist eine zweite Pointe dieser Geschichte.

Es ist ein Akt der Gerechtigkeit. 

Macht Euch eben Freunde mit dem ungerechten Mammon.

Was machen wir mit dem Geld?

Wir leben in Zeiten, in denen diese Geschichte nichts von ihrer Brisanz eingebüßt hat. 

Nun ist dieser Text weniger Anleitung für eine ganz konkrete Vorgehensweise – auch wenn gerade im Blick auf die meisten Länder der sog. „Dritten Welt“ ein Schuldenerlass mehr als angebracht wäre.

Drei grundsätzliche Dinge gibt uns der Text aber trotzdem an die Hand:

Ein erstes: wo es heute so scheint, dass der Markt, der DAX, das Wirtschaftswachstum ein mächtiges Eigenleben hätten und alles bestimmen – man muss nur die „Börse vor Acht“ kurz vor der Tagesschau angucken –, ermutigt uns die Rede vom „ungerechten Mammon“ zu einer kritischen Haltung. Je eigengesetzlicher alles erscheint, ist das Potential zu Ungerechtigkeit umso größer. Alle Ethik, alle Moral (im ganz positiven Sinne) ist da ausgeschaltet. Freie Bahn für die Zocker. Aber es geht um eine Kritik der Ökonomie.

Ein zweites: damit verbunden ist, was Jesus nur zwei Verse nach dieser Geschichte dann so auf den Punkt bringt: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ – als Christenmenschen positioniert uns Jesus somit so, dass uns die eben benannte kritische Haltung nicht nur gut zu Gesichte stehen würde, sondern dass sie zu unserer christlichen Existenz dazugehört. 

Und ein drittes: der Umgang mit dem Mammon hat immer das Ergehen der anderen im Blick zu haben. Und nach biblischer Logik kann da nur das Wohl des anderen – und so das Gemeinwohl – das Ziel jeglichen Handelns sein.

Wir alle gehen täglich mit Geld um. Das ist nicht das Problem.

Es ist aber eben die Frage, was wir damit machen.

Um nichts anderes geht es hier.

Amen.

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed