Verlassener Bienenstock

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# Neuigkeiten aus Emmaus

Verlassener Bienenstock

Von Claudia Weiner. Jeden Tag komme ich nach der Arbeit mit dem Fahrrad an einem Plakat für Zigarettenwerbung vorbei, auf dem steht: „Alles steht still.“ Zu sehen ist ein zufriedener Mann, der entspannt in die Sonne blinzelt. Die Werbefachleute haben das Plakat noch „vor Corona“ entwickelt, und konnten nicht ahnen, welche Wirkung es heute auf uns alle hat. Wie wirkt dieser Satz heute auf uns? Anders, ganz anders. Er erhält eine beängstigende Bedeutung.

Das Pestalozzihaus ist seit dem 12.März im Dornröschenschlaf. Nun zugegeben, so schön wie ein Schloss ist es nicht gebaut. Oder ich habe manchmal das Gefühl, alle sind in Urlaub gefahren, nur mich hat man vergessen. Wie die Schulhäuser in den großen Sommerferien und  nur der Hausmeister bleibt übrig. Das Pestalozzihaus wird normalerweise durch die Menschen, die es zu den unterschiedlichsten Zwecken besuchen, belebt und einer Bedeutung zugeführt: Ein Ort der Begegnung. Nun ist der Ort verwaist.

Und doch gibt es eine Geschäftigkeit, die im Unsichtbaren abläuft: Wir halten den Kontakt über das Telefon, über Mails und unter den Mitarbeitenden mit Zoom, das neue Wundertool für Videokonferenzen. Ich erlebe die Gespräche nun anders: Herzlicher und wertschätzender. Die Zeit hat eine andere Geschwindigkeit angenommen und das tut dem Arbeitsalltag gut. Auf einmal spricht man mit dem Telekom-Callcenter-Agenten im Wohnzimmer und er hat mehr Zeit für mich als „vor Corona“. Die Kollegin aus dem Kirchenkreis telefoniert über den PC und hört sich an wie im Science-Fiction-Film. Eine völlig neue Herausforderung für manche Senioren ist das Internet. Rührend war es für mich, wie viel Geduld eine ältere Dame mitbrachte, um sich den Zugang zum online-Gottesdienst der Johanneskirche erklären zu lassen.     

Das Pestalozzihaus ist der Ort, an dem ich weiterhin im Gemeindebüro arbeite. Meine Kollegin Jessica Voß sitzt im sogenannten home-office und wir haben uns überraschend schnell an die neue Arbeitssituation gewöhnt. Manchmal höre ich die lebhaften Kinder am Telefon, wenn ich mit ihr den Tag bespreche. Unsere Kreativität ist jeden Tag gefordert. Da kam mir eine Idee, wie ich meiner Kollegin 15 Minuten Zeit schenken könnte. Ich spreche jede Woche ein Kinderbuch von Petterson und Findus aufs Diktiergerät und schickte ihr die Audiodatei. 3 sind es bis jetzt geworden, und so wie die Situation in der Krise momentan aussieht, werden es auch noch mehr! Abgesehen von den lästigen Hygienemaßnahmen bin ich beeindruckt von dem Ehrgeiz und Engagement der KollegInnen, die diesen Ort trotzdem mit fröhlicher Atmosphäre füllen. Wir freuen uns alle darauf, wenn das PH wieder wie ein Bienenstock summt. Bis dahin: Bleiben Sie /bleibt gesund!


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